Gotischer Schmuck: Schwarze Geschichte der Eitelkeit

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Gotischer Schmuck und seine Nuancen tauchen immer wieder im Trend auf — etwa gesponsert und in allerlei Kategorien. Er hat Geschichte und Tradition, die weit älter ist, als die davon inspirierte Gothic-Bewegung der Achtziger Jahre. Gothic und Gotik— was ist da der Unterschied?

Machtverlust und Massenproduktion: Gotischer Schmuck und seine Geschichte

Die Blütezeit des gotischen Schmucks war weitaus später, als die der gotischen Architektur im Hochmittelalter. Richtig die Mode dominierte dieser Stil erst im Spätmittelalter und beginnender Renaissance, also im 14. bis 16. Jahrhundert nach Christus.

Ursache für den Sinneswechsel in der europäischen Modehäusern war der Machtverlust des Byzantinischen Reiches. Vor allem edle Frauen richteten sich neu aus, trugen keine Ohrringe und Armbänder mehr. Einfache Eleganz sollte her, gepaart mit Spitze — statt Rüschen und Schi-Schi. Die Überbleibsel der Klassik sollten weg. Grund dafür war das Ende des Absolutismus. Könige verblassten. Als die Renaissance aufblühte, stellte sich ein neues Weltbild ein: Der Mensch rückte ins Zentrum. Und der Mensch verband sich in Zentren. Städte entwickelten sich. Zu Freude der Händler und Goldschmiede, denn ihnen dienten die neuen gesellschaftlichen Knotenpunkte als sicherer Hafen und feste Einkommensquelle. Doch auch der Wettbewerb untereinander nahm in Städten zu. Angetrieben voneinander verfeinerten Goldschmiede und Schmuckhändler ihre Herstellungstechniken gotischer Schmuckstücke. Aufkommende Handwerkerzünfte führten Qualitätskontrollen ein. Der gotische Schmuck wurde immer detaillierter, feiner, naturgetreuer, eleganter.

Einzug in die Schmuckdöschen der breiten Mittelschicht erhielt der gotische Schmuck später mit Beginn der Industrialisierung. Eine Halskette und Anhänger konnten dank Maschinen und Fabriken günstiger und in hoher Stückzahl hergestellt werden. So war es auch den einfacheren Frauen möglich, dem Adel nacheifern und sich neue Inspiration zu holen.

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Gotischer Schmuck: In Mode durch Königin Victoria?

Gotischer Schmuck mag aber wohlmöglich am meisten von Königin Victoria geprägt worden sein. Mit dem Tod ihres Mannes König Albert, am 14. Dezember 1861 verhängte sie im ganzen Land die größte Staatstrauer der bisherigen englischen Monarchie. Die dauerte bis zum 10. Februar des darauffolgenden Jahres an. Während dieser Zeit wurden im Königreich die Fenster aller Häuser verhängt, Türen geschlossen. Die Nachfrage nach schwarzen Trauergewändern ließ die Seide und Samtproduktion in England explorieren. Auch spezieller schwarzer Trauerschmuck sollte von allen Bürgern getragen werden. So wurde gotischer Schmuck en masse für das englische Volk hergestellt. Das hatte zur Folge, dass Schmuck nun zu niedrigeren Preisen und einfacherer Qualität jedem Bürger angeboten werden konnte.

Gotischer Trauerschmuck im Victorianischen Zeitalter — für jeden bezahlbar — wurde über die Trauerzeit hinaus weitergetragen. So kam es auch, dass sich gotischer Schmuck an die Modezeitschriften, Hälse und Armgelenke der Mehrheit hängte und allmählich zum gewöhnlichen Modeschmuck aller Frauen und jeden Standes wurde.

Gotischer Schmuck und seine Nuancen tauchen immer wieder im Trend auf — etwa gesponsert und in allerlei Kategorien. Er hat Geschichte und Tradition, die weit älter ist, als die davon inspirierte Gothic-Bewegung der Achtziger Jahre. Gothic und Gotik— was ist da der Unterschied?

Gotischer Schmuck und seine Nuancen tauchen immer wieder im Trend auf — etwa gesponsert und in allerlei Kategorien. Er hat Geschichte und Tradition, die weit älter ist, als die davon inspirierte Gothic-Bewegung der Achtziger Jahre. Gothic und Gotik— was ist da der Unterschied?

Gotischer Schmuck: Das sind die Merkmale

Inspiration holte sich der gotische Schmuck vor allem in der Architektur (und die lebt heute unter anderem noch im Gothic-Stil weiter). Gerade bei Halsketten kann man folgende Muster meist schon in der Schnellansicht erkennen:

Fischblase
Als Fischblase wird eine geometrische, runde Figur bezeichnet, die zum Ende hin spitz ausläuft. Bekannt ist einem die Fischblase vielleicht von dem Ying-und-Yang-Zeichen. Sie ist die Grundlage der gotischen Schmuck-Figuren: Nonnenkopf, Dreipass und die Fensterrose.

Nonnenkopf
Er mag an einen Rundbogen erinnern, in dessen Zenit eine rundliche, Figur eingefügt wurde, die ein bisschen an ein Blatt erinnert. Nimmt man diese Form zusammen, könnte man darin auch die spitz zulaufende Haube einer Nonne mit runden Schultern erkennen. Auch Nonnenköpfe werden besonders gerne in der typisch-gotischen Halskette verwendet.

Dreipass
Diese Form erinnert ein bisschen an ein dreiblättriges Kleeblatt: Drei Kreise, die in unterschiedliche Richtungen zeigen und sich im Zentrum berühren. Die inneren Kreislinien in der Mitte werden beim blumigen Dreipass entfernt, sodass die drei Kreise zu einer neuen Figur verschmelzen.

Rose/Fensterrose
Das Rosenelement kennt man vor allem von gotischen Deckenfenstern in Kirchen: in einen Kreis ist eine Blume eingelassen, die vom Zentrum des Kreises ausläuft. Es scheint, als wurde in diesem Kreis eine Rose mit riesigen, rundlichen Blüten sitzen.

Original gotischer Schmuck zeichnet sich durch seine Symbolträchtigkeit und Detailreichtum aus. Jedes Zeichen und noch so feine Element soll etwas aussagen. (#02)Original gotischer Schmuck zeichnet sich durch seine Symbolträchtigkeit und Detailreichtum aus. Jedes Zeichen und noch so feine Element soll etwas aussagen. (#02)

Original gotischer Schmuck zeichnet sich durch seine Symbolträchtigkeit und Detailreichtum aus. Jedes Zeichen und noch so feine Element soll etwas aussagen. (#02)

Gotischer Schmuck — Symbolik und Bedeutungen

Original gotischer Schmuck zeichnet sich durch seine Symbolträchtigkeit und Detailreichtum aus. Jedes Zeichen und noch so feine Element soll etwas aussagen. Die häufigsten Symbole gotischer Schmuckstücke im Überblick.

Rosen
Die Rose ist die Blume der Venus, die Göttin der Liebe, Fruchtbarkeit und Schönheit. Im Mittelalter sah man Rosen, und Blumen generell, als Zeichen der Vergänglichkeit. Jede Blume wird schließlich irgendwann welk und stirbt. Diese Gleichung übertrug man auch auf den Menschen und verarbeitete diese Rosen als eine Art Mahnung in gotischem Schmuck. Die Rose ist außerdem Zeichen für die reine und bedingungslose Liebe und Verbindung zu Gott.

Kreuze
Im christlichen Glauben steht das Kreuz sowohl für die Erlösung der Sünden, als auch für die Leiden und den Tod Jesu Christi, womit das Kreuz auch wieder mit Gott verbunden werden könnte. Geläufiger ist die Kreuz-Symbolik vor allem verbunden mit dem Tod, Ende und Vergänglichkeit.

Totenkopf
Ein weiteres häufiges Motiv bei gotischem Schmuck ist der Totenkopf. Auch er soll zeigen, dass das Leben, Jugend und Schönheit endlich ist und der sterbliche Mensch nicht ewig weilt. Totenköpfe werden aber auch genutzt, um zu rebellieren und sich abzugrenzen.

Leitsprüche des Mittelalters, die in diesen Symbolen bis heute weiterleben, sind: memento mori (lateinisch etwa “Bedenke, dass du stirbst”) und carpe diem (lateinisch für “Nutze den Tag”).

Gothic wäre nichts ohne den Schmuck, der sich seine Inspiration aus der gotischen Epoche holte. Zum Beispiel eine Silber-Kette mit Kreuz. Anhänger der Gothic gelten auch als sehr nachdenkliche Menschen, die sich viel mit der Sterblichkeit und Lebenswert befassen. (#03)

Gothic wäre nichts ohne den Schmuck, der sich seine Inspiration aus der gotischen Epoche holte. Zum Beispiel eine Silber-Kette mit Kreuz. Anhänger der Gothic gelten auch als sehr nachdenkliche Menschen, die sich viel mit der Sterblichkeit und Lebenswert befassen. (#03)

Gotischer Schmuck und Gothic — Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Wo ist der Unterschied zwischen Gotik und Gothic? Gotik ist eine Epoche der Geschichte und Architektur und blühte besonders im 14. bis 16. Jahrhundert. Neuerfunden und abgewandelt lebte also ursprünglich mittelalterlicher, gotischer Schmuck in den folgenden Jahrzehnten weiter.

Gothic ist eine Bewegung, die in den 80er Jahren mit dem Punk in England aufflammte. Auf dem ersten Blick mag man keine Verbindungen zwischen der Gothic-Bewegung und der Gotik-Epoche erkennen. Doch die eine würde ohne die andere nicht auskommen: Gothic wäre nichts ohne den Schmuck, der sich seine Inspiration aus der gotischen Epoche holte. Zum Beispiel eine Silber-Kette mit Kreuz. Anhänger der Gothic gelten auch als sehr nachdenkliche Menschen, die sich viel mit der Sterblichkeit und Lebenswert befassen. Denkweisen, die auch schon das Mittelalter dominierten. Alles mag also endlich, nichtig und “eitel” sein (wie der barocke Dichter Andreas Gryphius Ende des 16. Jahrhunderts schrieb). Doch bedingen tut sich alles trotzdem.


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